Atlatel, die eiszeitliche Hightech-Waffe

Die Speerschleuder oder Atlatel ist der Vorläufer des Bogens. Schon eiszeitliche Jäger verwenden dieses Gerät als Jagdwaffe…wohl auch im Kampf und zur Verteidigung. Ein Gerät, was wie Feuer, das Rad, Ackerbau und Viehzucht überall auf der Welt unabhängig von einander erfunden wurde. Im aztekischen heißt dieses Gerät Atlatel, der Ausdruck wurde dann allgemein übernommen. Es wurde dort bis zur Entdeckung des Kontinents verwendet. Auch die australischen Ureinwohner verwenden diese Schleuder unter dem Namen Woomera.

https://de.wikipedia.org/wiki/Speerschleuder

Wissenschaftler gehen wohl davon aus, dass der Neanderthaler massive Stoßspeere verwendet hat, nahe an die Großtiere heran musste und zum Gebrauch der Ataltel, die der neu eingewanderte Cro-Magnon-Mensch (circa 40.000 bis 12.000 vor Chr.) nutzte, nicht fähig war. Das lag wohl am Körperbau und motorischen Fähigkeiten. Man rechnet dieser Tatsache eine breite Bedeutung bei der Verdrängung/Aussterben des Neanderthalers und der Besiedelung der Erde durch den Homo Sapiens zu. Die auf Distanz geworfenen Speere scheinen besser zur Jagt geeignet gewesen zu sein, als die Eispanzer zurück gingen und eine Tundralandschaft entstand. Wie dem auch sei, ein Meilenstein in der Menschheitsgeschichte.

Nun kam ich die Tage drauf und hatte einfach Lust damit mal ein paar Würfe zu versuchen. Als Funktionsmodell und nicht als historischer Nachbau.

Zunächst habe ich mir im Bauhaus Bambusstangen in um die 15 mm Durchmesser angesehen. Schön leicht, bruchfest, flexibel und günstig zu bekommen. Aber alles was ich gefunden habe, war krumm und schief. Also nix für einen Speer.

Dann bin ich auf ø 13 mm Kiefer Rundholz von 2,60 cm Länge gestoßen. Kommen gerade mal um 3,40 €. Kein Problem da schöne gerade Stäbe zu bekommen.

Im Billigshop habe ich mir einen 4er Satz billige Stechbeitel besorgt. 6,-€ zusammen.

Starkes Nähgarn und die Befiederung (Naturfedern aus dem Bogensport) hatte ich noch. Feder kosten im Zubehör zum Pfeilbau dort so ab 1,-€ Stk.

Die Holzstäbe habe ich mir auf 170 cm zugeschnitten. Ein Rohrschneider zum Vorritzen ist recht hilfreich die Rundstäbe schön gerade zu zersägen.

Die Stechbeitel habe ich aus dem Heft gezogen und unter dem Blatt abgeschnitten. Der Erl ist hier rund, ø 7mm und circa 3 cm Lang. Mit der Fächerscheibe habe ich die Teile nun zu Speerspitzen geschliffen, etwa alle gleich schwer, hier um 21g.

 

Mit einem Zentrierwinkel

https://assets.tooler.de/media/catalog/product/p/r/pre110178_4511793.jpg

lässt sich die Mitte auf beiden Seiten, auch in den nicht 100%ig runden Stäben anzeichnen. Für die Speerspitze habe ich mit 3mm vorgebohrt und mit 7mm so 3,5cm ein Loch für den Erl geschaffen. In das Loch kommt eine gute Portion Schmelzkleber. Den Erl habe ich kurz mit der Gasflamme erhitzt, so kann man die Sitze schön ausrichten und fest eindrücken und der Kleber haftet deutlich besser am Metall. Dabei drück sich Schmelzkleber heraus. Der kann nach dem Erkalten gut entfernt werden.

 

Als Verstärkung der Speerspitze habe ich um den Schaft noch zwei Lagen Panzertape Ducttap/Gaffatape gewickelt.

Am andern Ende erweitere ich das 3mm Loch mit einem Stufenboher. Ein konischer Schälboher geht auch. Dort soll dann später der Haken der Speerschleuder halt finden und die Wurfkraft auf den Speer übertragen. Auch hier habe ich 2x mit Panzerband verstärkt.

 

Die Befiederung geht hier ohne Befiederungsgerät deutlich einfacher, wenn man zunächst den Umfang des 13er Schaftes in drei Teile einteilt und die Feder genau anzeichnet. Dazu habe ich mit aus dem Kunststoffdeckel einer Konservendose und einem Zirkel eine Schablone gebastelt. 120° sind da recht simpel (einfache Geometrie, Zirkelkonstruktion) angezeichnet und mit einem 10 Locheisen im Zentrum Platz für den Schaft gemacht.

 

Diese Schablone schiebe ich auf den Schaft und zeichne mit einem Bleistift so recht präzise die Federn an. Hier habe ich hinten 10cm Platz gelassen und die Feder auf 18cm zugeschnitten.

 

Wenn man die zugeschnittene Feder nun in feste Pappe, oder wie ich hier in zwei dünne Leisten klemmt, hat man es recht einfach diese wabbeligen Federn auf den Speer zu kleben.

Ich verwende UHU Flinke Flasche als Klebstoff. Braucht zwar etwas länger als Sekundenkleber um trocken zu werden, man hat aber Zeit die Feder in die richtige Position zu bringen. Irgendwo hatte ich mal gelesen, dass man auch schmale Streifen Teppichband verwenden kann.

Nachdem die drei Federn geklebt sind, lasse ich das ganze noch gut trocken werden.

 

https://www.youtube.com/watch?v=Mnj3zZRhgck

 

Jetzt schneidet man mit einer scharfen Klinge die ersten paar Millimeter die Fahne vom Schaft. Das ist wichtig, da im nächsten Schritt die Befiederung mit Garn am Schaft fixiert wird um sich bei den Kräften im Flug nicht zu lösen.

 

Etwa 10 mm vor der Feder beginne ich einen starken Nähfaden am Schaft zu verknoten und dicht an dicht Richtung Feder zu wickeln. Der Faden soll dann noch auf den Schaft der Federn gewickelt werden, bis man die Fahnen erreicht.

 

Zuvor habe ich den faden durch eine dünnes Rohr (Trinkhalm) gefädelt. Damit teile ich die Fahnen und umwickel die ganze Feder nun bis am Ende. Dort wieder etwas weiter dicht an dicht und am Schluss mehrfach am Schaft verknoten.

 

Den Faden habe ich dann 2x mit wasserlöslichen Klarlack eingepinselt und so noch zusätzlich am Speer verklebt. Bissel aufpassen, dass die Federn nicht zu viel davon verklebt werden.

Man könnte die gesamte Befiederung in dem Falle auch aus Panzerband machen.

https://youtu.be/uxj1K5D5rPE

 

Den Schaft habe ich dann 2x mit Hartwachs gegen Wasser und Schmutz geschützt.

Fertig zum Spielen.

Hier wurden es, wegen der vier Beitel, auch vier Speere.

Diese wiegen jeweils 150g.

 

Die Schleuder ist von der Idee her eine Verlängerung des Arms und damit eine Erhöhung der Wurfenergie, was zu einer höheren Einschlagskraft oder/und größerer Weite führt. In der beginnenden Warmzeit vor so 15.000 /10.000 Jahren, als die großen Beutetiere ( Mammut, Wisent, Wollnashorn) ausstarben und schnelle Herdentiere wie Ren oder Karibu die vorherrschende Beute wurde, eine deutlich angepasstere Jagdwaffe. Die Bandbreite geht von zugeschnittener Astgabel bis hin zu geschnitzten Kunstwerken (Speerschleuder mit stehendem Reh, Magdalénien, 13.000 v. Chr., Höhle von Mas d’AHzil).

 

https://de.wikipedia.org/wiki/Speerschleuder#/media/Datei:Speerschleuder_mit_Reh5.jpg

 

Allen gemeinsam ist ein Länge von um 60 oder 70 cm. Also etwa die Länge des eigene Armes.

 

Ich habe mir ein paar Astgabeln gesucht, die Rinde weg geschnitzt und den Dorn zugeschnitten. Drei Schleudern wurden es zunächst.

Beim ersten Test kam ich auch als ungeübter „Jäger“ auf so um 40 bis 45 m ….Treffsicherheit mal außen vor. Damals, vor 25.00 Jahren, war das eine Hightech-Waffe auf der Höhe der Zeit.

Haftungshinweis:
Trotz sorgfältiger inhaltlicher Kontrolle übernehme ich  keine Haftung für die Inhalte externer Links. Für den Inhalt der verlinkten Seiten sind ausschließlich deren Betreiber verantwortlich.

Copyright:

Alle Bilder und Texte in diesem Blog sind, soweit nicht anders gekennzeichnet, mein Eigentum. Das Kopieren, Verteilen oder Verwenden der Texte, Bilder und Grafiken ist ohne vorherige schriftliche Zustimmung von mir nicht gestattet.